In seinem 1927 erschienenen Buch "Die Nordfrisischen Inseln ... vormals und jetzt." beschreibt Christian Jensen Biike und Petritag.

"Sitten und Bräuche, welche mit dem Kreislauf des Jahres wiederkehren"

Die heidnische Bevölkerung der Inseln errichtete ihren Göttern heilige Hügel und Altäre, auf solchen Hügeln zündeten die Friesen ihre Opferfeuer an. Dem Wodan zu Ehren, der bei ihnen als oberster Kriegsgott galt und als solcher auch den Seehelden günstigen Wind auf ihren Fahrten und Schlachtenglück gewährte, feierten sie ein allgemeines Abschiedsfest, ehe sie im Frühjahre ihre Seezüge antraten. Das Fest, welches am Abend des 21. Februar begann, bildete den Abschluß der Winderfreuden, die mit dem Erntefest im Herbst anfingen und mit der Feier des Jööl- oder Julfestes ihren Höhepunkt erreichten. Der Hauptakt der Frühlingsfeier war zweifellos das Opferfeuer (Biiken). Die Männer und Jünglinge tanzten mit den Frauen und Jungfrauen im Kranze um die Flammen und um den Hügel herum.

"Es dauerte dieser heidnische Gottesdienst auf den heiligen Hügeln der Vorfahren noch viele Jahrhunderte nach der Einführung des Christentums in alter Weise fort, nicht etwas im geheimen, sondern geduldet von den christlichen Priestern und der Landesobrigkeit, weil diese zu ohnmächtig waren, solches zu hindern." [C.P. Hansen, Der Sylter Friese, 1860] Das Biiken der Altvorderen mit seinem heidnischen Fest- und Opfertag, das mit dem Anfange des 19. Jahrhunderts zum Kinderspiel herabgesunken war, wird seit 1900 auf Sylt wieder von Erwachsenen mitgefeiert. Einst schlang der Biikentanz das einigende Band um Freund und Feind, die sich im Scheine des Opferfeuers die Hand zum Freundschaftsbunde reichten, und um alle Bewohner Nordfrislands, wenn ihre Frühlingsfreudenfeuer von Eiland zu Eiland zum Himmel auflobten. Die Sylter Biiken wurden zuerst angezündet, dann die der Umgebung. Nach den trüben Wintertagen waren die Feuer den Stammesgenossen ein Lebenszeihen, daß sie mahnte, dem Rufe "Zur See" aufs neue zu folgen.

Auf Föhr und Amrum hat man immer die Biiken am Abend des 21. Februar angezündet, auf Sylt und anderorts richtete man sich damit zeitweilig nach dem Beginn des Fastens. Erst seit dem Anfang dieses Jahrhunderts ist das gemeinsame Biiken am Vorabend des Petritages wieder üblich und die Teilnahme der Erwachsenen wieder zum Volksbrauch geworden. Auf Sylt geht man unter Musikbegleitung und beim Fackelschein hinaus zu den Hügeln, auf denen die Freudenfeuer brennen. Dort wird dann in friesischer und deutscher Rede die Bedeutung der Feier für die Einheit des friesischen Volkstums hervorgehoben und gemahnt, in diesem Sinnbild der Treue zur Friesenheimat friesische Sitte und heimischen Brauch allezeit hochzuhalten.

Als 1867 mit der Einführung der preußischen Gerichtsbarkeit das Institut der Ratsmänner aufgehoben wurde, hörte der Petritag auf, der Thingtag (Gerichtstag) zu sein. Seine Feier ist jetzt nur noch auf Sylt üblich, wo er der National-Festtag geblieben ist. Mit der Abnahme der Seefahrer auf den Inseln hat er seine Bedeutung als Abschiedstag verloren, Kalendermerktag ist er überall geblieben, aber seine Regeln, z.B. daß nun kein Licht mehr auf den Tisch kommen und das Abendbrot bei Tag verzehrt werden muß, sind fast vergessen.

Bei dem früher am Vormittage des Petritages üblichen Thingfesten versammelten sich hauptsächlich die Männer, die dann Freunde und Bekannte zur Teilnahme an Speise und Trank mit heimführten. Der Nachmittag und Abend vereinigete die ganze Bevölkerung zu Tanz und Gesang. Seitdem ist manches anders geworden, für die Erwachsenen bringt die Petritagsfeier noch immer Tanzvergnügen und Ballfestlichkeiten, die aber meist auf den Abend beschränkt sind. Auch gibt es Konzerte, Maskeraden und Aufführungen von Volksstücken in der Sylter Sprache. Einzelne Vereine, wie die Söl'ring Foriining usw. veranstalten besondere Feiern, bei denen junge Mädchen in der bis 1804 üblichen oder ähnlichen Nationaltracht erscheinen. Wo Sylter in der Fremde weilen, feiern sie in friesischen Vereinen mit Landsleuten zusammen alljährlich den Petritag nach alter Sitte und im treuen Gedenken an die Heimat.

[Diese Fassung des Textes ist start verkürzt. Das Buch kann bei Interesse über die Fernleihe der Bücherei bekommen werden]


Stand: 14. Februar 1996. Kontakt: Martin Borus. Zurück zum Hauptmenü.